2.1.3. Ausdehnung und Entspannung (FàngSōng) unter Beteiligung der Integrierten Atmung 放松与呼吸

Zitat/Details vom Lehrbuch „Grundlagen des RùJìng/der Meditation im QìGōng“ 《氣功入靜基礎》

2.1.3. Ausdehnung und Entspannung (FàngSōng) unter Beteiligung der Integrierten Atmung 放松与呼吸


Ausdehnung und Entspannung (FàngSōng) bewirken die Ansammlung oder Vermehrung der Inneren Lebenskraft/-energie (聚气 JùQì), die nach der TCM die Grundlage für die Aufrechterhaltung der Lebensaktivitäten ist. Anschaulich kann ein ausgedehnter und entspannter Zustand des Körpers (FàngSōng) mit einem aufgelockerten Erdboden verglichen werden, der viel Luft und Wasser oder eine höhere Konzentration des Sauerstoffs enthält.


Allgemein wird der Atem als eine Grundeigenschaft der Lebewesen bezeichnet. Er garantiert nicht nur den Luftaustausch, sondern bewirkt in hohem Ausmaß die dynamische Balance zwischen dem Lebewesen und seiner Natur mit dem Ziel: die Aufrechterhaltung der Lebensaktivitäten zu erreichen.


Aus der ganzheitlichen und dynamischen Sichtweise wird die menschliche Atmung nicht nur als eine einfache physiologische Aktivität rein um die Luft (Sauerstoff und Kohlendioxid) auszutauschen angesehen, sondern wird als die rhythmische aber integrierende Regulierung zur harmonischen Koordinierung aller Lebensaktivitäten in der internen Umgebung des menschlichen Lebens sowie die dynamische Balance zwischen dem Menschen und seiner äußeren Umgebung (sowohl der Natur als auch der Gesellschaft) betrachtet.

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Der Begriff Atmung in der TCM und im QìGōng wird nicht nur auf die Kategorie des Atemsystems, nämlich auf die Funktionen sowie den zusammenhängenden Mechanismus der Lungenatmung nach der WM begrenzt. Er umfasst den umfangreichen Inhalt: alle zusammenhängenden sowohl physiologischen Funktionen der Organfunktionskreise und psychischen Aktivitäten sowie Veränderungen der Gemütsstimmungen. Insbesondere beim QìGōng sind die erweckten Sinnlichen Wahrnehmungen eng mit der Auswirkung der Atemregulation verbunden.


Eine bekannte traditionelle Erklärung von QìGōng aus der Richtung der Atemregulierung wird als „Auswurf des Alten und Aufnahme des Neuen“ (吐故纳新 TǔGùNàXīn) bezeichnet. Sie beschreibt den primären Sinn, die physiologische Bedeutung des Atemsystems. Die anderen traditionellen Begrifflichkeiten des QìGōng wie: Antrieb der Lebenskraft/-energie (行气 XīngQì) und Anleiten und Herbeiführen der Lebenskraft/-energie (导引 DǎoYǐn) erläutern die zweite Bedeutung, die Anregung der Lebenskraft/-energie.


Eine normale menschliche Atemfrequenz liegt zwischen 15 bis 20 Mal in der Minute, jedoch kann sie sich unter Spannung wesentlich bis auf 30 bis 40 Mal (auf das Doppelte) pro Minute erhöhen. In diesem Fall verändert sich eine zuvor tiefe Atmung in eine relativ flache, demnach in einen ungünstigen Prozess.


Im ausgedehnten und entspannten Zustand (FàngSōng) reduzieren sich die Atemzüge deutlich, da die Verbrauchsschwelle der Lebenskraft/-energie einerseits wesentlich reduziert und anderseits die benötigte Sauerstoffmenge ökonomisch effektiv genutzt wird. Durch diese wird die Qualität der Atmung effektiv verbessert. Alle mit der Atmung zusammenhängenden physiologischen Vorgänge, die die Lunge, die Haut, die Gefäße, bzw. die innere Atmung im Blutgefäß und das Kapillar- sowie Zellsystems betreffen, werden umfangreich optimiert. Hierdurch verstärkt sich der Effekt der Anregung der Lebenskraft/-energie zur Ansammlung oder Vermehrung.


Außerdem erspart der ausgedehnte und entspannte Zustand (FàngSōng) viel Energie durch die Lösung überflüssiger Spannungen sowohl des Körpers als auch des Geistes. Der Stoffwechselprozess ist nach westlichen medizinischen Erkenntnissen ein komplizierter physiologisch-biochemischer Reaktionsprozess unter Beteiligung von Sauerstoff, ähnlich dem Verbrennungsprozess von Holz: Soll Holz vollständig verbrannt werden, wird Sauerstoff benötigt. Die Verbrennung wird optimiert, wenn sowohl das Holz als auch der Sauerstoff übereinstimmend verbraucht werden.


Die Strategie der Atemregulation beim/bei der QìGōng/RùJìng/Meditation ist darauf ausgerichtet,

· Holz (der Lebensgrundstoff) und Sauerstoff (die Lebensenergie) ausreichend anzusammeln (Aufnahme von Qì),

· als Lebenskraft/-energie qualitativ zu verwandeln und zu speichern (Qì zentrieren),


· das Qì angepasst und harmonisch für den Lebensprozess zu liefern und ökonomisch zu verbrauchen – den Fluss des Qi zu ermöglichen.


(s. Kap.: Regulation der Atmung).


Ein Sprichwort der TCM erläutert: "Wenn die Lebenskraft/-energie (Qì) nicht durchgängig fließt, dann entsteht Schmerz. Wenn sie ohne Hindernisse fließen kann, dann gibt es keinen Schmerz“ (不通则痛 BūTōngZěTòng, 通则不痛 TōngZěBūTòng).


Nach der TCM verbindet sich die Lunge durch die Atmung mit allen Körpergefäßen. Der ausgedehnte und entspannte Zustand (FàngSōng) öffnet möglicherweise alle für den Gasaustausch wichtigen Wege und verbessert den Fluss des Qì und des Blutes (气血运行 QìXuěYùnXīng). Verbessert wird damit auch der Austausch, die Wechselbeziehung zwischen dem Menschen und seiner Umgebung.


Die moderne Medizin hat zwar viele fortschrittliche Therapien und Techniken entwickelt, jedoch sind noch viele Probleme nicht geklärt, so z. B. gibt es weiterhin Schwierigkeiten mit unvermeidbaren Nachteilen sowie Nacherkrankungen im feinen Mikro-Zirkulationssystem, bzw. Kapillarsystem oder im Mikro-Nervensystem. Ebenfalls fehlen ausreichende Kenntnisse über die tatsächlichen Vorgänge bei chronischen Erkrankungen, die sich in sehr tiefen Ebenen und umfangreichen Bereichen des Körpers und der Gewebe befinden. In diesen Fällen kann sich das durchgängige Fließen der Lebenskraft/-energie im ausgedehnten und entspannten Zustand (FàngSōng) als eine effektive Maßnahme im Integrierenden Prozess zwischen Prävention, Behandlung und Rehabilitation (PBR) auswirken.